Nachgefragt: Wie profitieren Betriebe von Frauen?

Viele Betriebe beschäftigen mittlerweile Frauen auf der Baustelle. Was verändert sich im Vergleich zu früher? Wir haben nachgefragt.

Direkt zum Inter­view mit: Daniel Reichardt | Jutta Spindler 


Daniel Reichardt

„Traut Frauen etwas zu!“

Daniel Reichardt ist Geschäftsführer der D.R. Bau GmbH Zimmerei und Bedachung. Seine Tochter Angelina (im Bild links) absolviert derzeit im ersten Lehrjahr ihre Lehre im elterlichen Betrieb. Was er von Frauen in Team und Handwerk hält, verrät er im Gespräch.

Gab es Kommentare innerhalb des Teams zu Frauen auf dem Bau?

Nein, und wenn es doch einmal etwas gab, dann in keiner Weise etwas Nega­tives. Wir haben noch nie schlechte Erfah­rungen mit Frauen auf dem Bau gemacht, ganz im Gegenteil.

„Wir haben noch nie schlechte Erfah­rungen mit Frauen auf dem Bau gemacht, ganz im Gegenteil.“

Was sind die nervigsten Vorurteile?

Frauen seien viel zu schwach für die Arbeit in diesem Beruf, sie hätten nur extra Vorteile, Frauen gehören in den Handel, Büro etc. Nicht jeder kann alles, und man kann auch nicht pauschal sagen, nur Männer gehören in diesen Beruf oder auf den Bau. Nicht jeder Mann ist der Arbeit in diesem Beruf gewachsen, genauso verhält es sich mit Frauen.

„Frauen bringen eher etwas Ruhe in den Umgang miteinander.“

Wirkt es sich auf die Gruppendynamik aus, dass Frauen im Team sind?

Eher positiv: Frauen bringen eher etwas Ruhe in den Umgang mitein­ander. Man hat das Gefühl es wird nicht so „Rau“ mitein­ander umge­gangen, wenn es mal einen stres­si­geren Tag gibt.

Welche Benefits hat das Team durch die Kolleginnen?

Bei uns gibt es keine Unter­schiede was eine Frau oder ein Mann macht. Alle machen dasselbe. Wenn einmal etwas zu schwer ist, hilft man sich gegen­seitig und dass unab­hängig, ob Frau und Mann oder nur Männer auf der Baustelle sind, Team­work ist das Zauber­wort und wird Groß geschrieben.

„Bei uns gibt es keine Unter­schiede was eine Frau oder ein Mann macht. Alle machen dasselbe.“

Was würdet ihr anderen Betrieben raten, die verstärkt Frauen einstellen oder weibliche Azubis gewinnen wollen?

Seit offen und traut Frauen etwas zu! Frauen oder Mädels die sich bewusst für den Beruf als Zimmerin oder Dach­de­ckerin auf dem Bau entscheiden, haben sich das meist sehr gut über­legt und können sich selbst gut einschätzen, ob Sie für diesen Beruf quali­fi­ziert sind. Weib­liche Azubis sind im Hand­werk meist die besten Ihrer Abschluss­jahr­gänge, viel­leicht weil sie immer noch in der Situa­tion scheinen, den anderen beweisen zu müssen „das Sie auch mithalten können mit den Jungs“ und sie diesen in nichts nachstehen.

Gibt es etwas, was ihr sonst noch loswerden wollt?

Wir haben seit einem Jahr in den Ferien meine Tochter, ein jetzt 16-jähriges Mädchen, als Jobberin im Betrieb gehabt. Sie wird die Lehre beginnen, nicht weil sie die Tochter des Chefs ist, sondern weil Sie dieses Hand­werk aus Leiden­schaft lernen möchte. Für sie gibt es keinen anderen Berufs­wunsch als den der Zimmerin und Dach­de­ckerin. Schon heute ist sie für uns eine voll­wer­tige Hilfe auf der Baustelle und wir arbeiten gerne mit Ihr zusammen. Sie bestä­tigt uns auch dass es keine Zweifel an Frauen in diesem Berufs­feld oder auf der Baustelle geben sollte. Wir sind über­zeugt das sie einmal eine hervor­ra­gende Zimmerin und Dach­de­ckerin sein wird, denn sie ist mit Herz­blut und Wiss­be­gier bei der Arbeit dabei.


Jutta Spindler

„Frauen im Team verbessern die Kommunikation“

Jutta Spindler ist Dach­decker­meiste­rin und Geschäfts­führerin im eigenen Unter­nehmen „Spindler Dach­deckerei-Speng­lerei“. Sie sieht eine Ent­wick­lung im Selbst­ver­ständ­nis der Frauen am Bau: „Es hat sich großes Selbst­vertrauen ent­wickelt und ein un­glaub­licher Stolz auf die eigene Leistungs­fähigkeit. Das war früher noch nicht so ausgeprägt.“ 

Jutta Spindler perfektes Team mit Frauen und Maennern

Dach­de­cker­meis­terin und Geschäfts­füh­rerin Jutta Spindler ist über­zeugt, dass Frauen den Umfang im Team positiv beeinflussen.

Gab es Kommentare innerhalb des Teams zu Frauen auf dem Bau? 

Ich habe als Tochter des Chefs im eigenen Betrieb meine Ausbil­dung absol­viert, da gab es natur­gemäß nicht so viel „Gegen­wind“. Ich habe aber eigent­lich auch gegen­über anderen Gewerken immer nur Unter­stüt­zung erfahren. Sexis­ti­sche Bemer­kungen gab es eher in der Berufs­schule oder in der über­be­trieb­li­chen Ausbil­dung. Da muss man sich von Anfang an wehren, dann läuft das. Schade ist natür­lich, dass das über­haupt notwendig ist. Das ist aber kein allei­niges Problem auf dem Bau, sondern in der ganzen Gesellschaft. 

„Frauen lösen oft ein Problem mit Köpf­chen, statt nur mit Kraft.“

Was sind die nervigsten Vorurteile? 

Eigent­lich gibt es nur Vorur­teile gegen­über den körper­li­chen Fähig­keiten, aber Frauen sind zäh! Und wir lösen halt oft ein Problem mit Köpf­chen, statt nur mit Kraft.

Wirkt es sich auf die Gruppendynamik aus, dass Frauen im Team sind? 

Ich finde, dass der Umgang im Team von Frauen profi­tiert. Es wird kommu­ni­ka­tiver und ein biss­chen weniger rau.

„Ob jemand ins Team passt, hängt haupt­säch­lich mit dem Charakter des Menschen zusammen und nicht so sehr mit dem Geschlecht.“

Welche Benefits hat das Team durch die Kolleginnen? 

Ob alle etwas von einer Kollegin oder auch einem Kollegen haben, hängt haupt­säch­lich mit dem Charakter des Menschen zusammen und nicht so sehr mit dem Geschlecht. Wenn jemand ins Team passt – egal ob Frau/Mann/Divers – dann läuft es gut und wenn nicht, dann hilft es auch nicht eine Frau zu sein. 

Was würdet ihr anderen Betrieben raten, die verstärkt Frauen einstellen oder weibliche Azubis gewinnen wollen? 

Ich glaube, dass hier das gleiche gilt wie für die ganze Azubi­ge­win­nung: wir müssen für unseren Beruf begeis­tern und heraus­stellen, dass es nicht allein um körper­lich schwere Arbeit geht, sondern um das Erschaffen von tollen Objekten, Krea­ti­vität und den Stolz auf das Erreichte.


Zahlen, Daten, Fakten

Studie „Frauen am Bau“

Bau­haupt­gewerbe:

Weib­liche Auszubildende:
2,1 Prozent
Weib­liche Beschäftigte:
1,5 Prozent

Aus­bau­gewerbe:

Weib­liche Auszubildende:
4,2 Prozent - davon 1,52 Prozent zur Dach­de­ckerin und 1,57 Prozent zur Behälter- und Appa­rate­baue­rin (1,1 Prozent Sonstige).

Leichter Anstieg der weiblichen Auszubildenden im Dachdeckerhandwerk:

2020: 0 Frauen // 2021: 0 Frauen // 2022: 0 Frauen

Quelle: Studie „Frauen am Bau“, Hrsg.: Haupt­ver­band der Deut­schen Bauin­dus­trie (HDB)