Am Bodensee treibt Sebastian Schmäh die Frage nach der Entwicklung seines Betriebs um. Von zwei auf über 45 Mitarbeitende ist das Unternehmen binnen weniger Jahren gewachsen.
Holzbau Schmäh platzt aus allen Nähten. Deswegen wird auch neu gebaut. Dass die Entwicklung so rasant verlief, hatte der Chef nicht ganz so geplant. Und doch hat er in dieser Phase Strukturen in seinem Unternehmen implementiert, auf die man so im Handwerk nicht allzu oft stößt. Rund ein Drittel der Mitarbeitenden sind junge Leute in der Ausbildung. „Wir arbeiten zu rund 70 Prozent in der Denkmalpflege, und der Rest verteilt sich auf den gesamten Holzbaubereich. Damit sind wir sehr breit aufgestellt“, berichtet Sebastian Schmäh. Breit aufgestellt ist auch sein Team: mehr als 45 Männer und Frauen, im Büro, in der Zimmerei, in der Schreinerei, auf der Baustelle und sogar im Freiwilligen Sozialen Jahr.
Wachstum durch Ausbildung
Da stellt sich die Frage: Wo bekommt er nur die ganzen Leute her? Während Tausende Betriebe um jede Fachkraft kämpfen, klopfen sie bei Sebastian Schmäh einfach an die Tür. In rund der Hälfte der Fälle bildet er die jungen Menschen selbst aus, und oft bleiben sie dem Unternehmen danach als Fachkraft erhalten. Immer wieder aber kommt auch jemand „von außen“. Und das liegt daran: „Wir haben gelernt, ein gutes Selbstmarketing zu machen, und können auch mit etlichen Dingen punkten.
Wir haben oft außergewöhnliche Projekte, gerade in der Denkmalpflege, außerdem ein gutes Miteinander im Betrieb. Dabei geben wir aber nichts vor, was wir nicht sind. Wir geben nur nach außen, was wir innen auch machen“, stellt der Unternehmer klar.
40 Prozent weibliche Azubis
Wer sich nun die Teams genauer anschaut, stellt fest, dass der Frauenanteil für das Baugewerbe ungewöhnlich hoch ist. In den Ausbildungsjahrgängen sind mittlerweile 40 Prozent der Azubis weiblich, insgesamt beschäftigt das Unternehmen derzeit zwölf Frauen. Ein gezielter Plan war dies zunächst nicht. „Dass Frauen in unserem Unternehmen arbeiten, hat ganz klassisch in der Verwaltung begonnen. Dann kamen vereinzelt junge Frauen, die eine Ausbildung im Handwerk suchten.
Vor drei, vier Jahren hatten wir dann plötzlich einen starken Schub, und die Hälfte der Azubis waren Frauen. So hat diese Aufteilung Fuß gefasst, und wir bekamen immer wieder Bewerbungen.
Das funktioniert wie eine Staffelstabübergabe, die jungen Frauen finden zueinander und tauschen sich untereinander aus.“ Mittlerweile steckt der Unternehmer viel Zeit in die Nachwuchsarbeit, und das zahlt sich aus. „Wir schaffen es, dass viele junge Leute bei uns bleiben, und können so kontinuierlich aus den eigenen Kräften weiteres Wachstum generieren. Das strahlt auf die Außenwirkung ab, und so erhalten wir dadurch auch Bewerbungen“, berichtet Sebastian Schmäh über sein Personalkonzept. Da die Frauen mit Job und Unternehmen zufrieden sind, tragen sie diese Erfahrung natürlich auch weiter. „So werden wir in den nächsten Jahren pro Lehrjahr ein bis drei Frauen in der Ausbildung haben“, schaut der Unternehmer positiv in die Zukunft.
Gute Teams, geteilte Arbeit
Bei der Frage, ob es auch Herausforderungen mit sich bringt, die Frauenquote im Handwerk so zu erhöhen, muss der Zimmerermeister schon länger nachdenken. „Ich muss echt überlegen, wo die Herausforderungen im Alltag liegen. Ich stehe nicht den ganzen Tag vor Herausforderungen, nur weil Frauen bei uns arbeiten. Die tauchen wirklich sehr selten auf.“
Manches habe man einfach im generellen Betriebsablauf geändert – was allen Mitarbeitenden zugutekommt. „Inzwischen habe ich mir angewöhnt, bei körperlich anstrengenden Arbeiten wie der Bewegung von sehr viel Material immer vier statt zwei Leute rauszuschicken. So können wir unsere Kräfte mal für einen Tag bündeln.
„Mein Tag besteht zu zwei Dritteln aus Kommunikation.“Sebastian Schmäh, Unternehmer Holzbau Schmäh
Das mache ich aber auch für die Männer“, berichtet er. Als die erste Auszubildende ihre Lehre anfing, gab es schon Diskussionen hinsichtlich der Belastbarkeit. „Man ist überrascht, wie mittelalterlich auch manche jungen Männer teilweise denken“, bemerkt er. „Doch diese Stimmen gibt es bei uns nicht mehr.“ Wenn doch mal die Kraft fehle, werde sie durch „Köpfchen“ ersetzt. „Die Frauen bei uns sind allesamt sehr starke Persönlichkeiten. Jetzt gerade lernt bei uns eine junge Frau, die jahrelang Entwicklungshilfe gemacht hat. Später will sie beides kombinieren und Frauen das Handwerk beibringen. So jemand sagt einem kleinen Macho im Betrieb schon, was Sache ist“, grinst er.
Schwieriger werde es manchmal im zwischenmenschlichen Bereich. „Wir hatten auch schon Pärchen im Unternehmen. Natürlich ist es mit Beziehungen im beruflichen Umfeld nie ganz einfach. Gerade wenn das in die Brüche geht, wird’s schwierig. Hier sind Beziehungen nicht verboten, aber wir reden deutlich über Spielregeln im Umgang miteinander.“ So gelte auch in diesem Bereich wieder: Miteinander reden hilft. Was treibt einen Unternehmer an, seinen Betrieb gezielt in diese Richtung zu entwickeln? „Ich lebe selbst in einer Beziehung auf Augenhöhe. Diese Art zu leben, habe ich in den Betrieb hineingetragen. Ich kann doch nicht privat das eine leben und im Betrieb sagen, ich will nur Männer einstellen“, erklärt der Zimmerer.
Für die Zukunft hat er zwei große Pläne: „Derzeit bauen wir ein neues Betriebsgebäude, da das alte hoffnungslos aus allen Nähten platzt. Hier planen wir für die Sozialräume mit rund einem Drittel weiblicher Belegschaft.
Außerdem denke ich über einen Fitness- und Yogaraum nach – so etwas wäre früher undenkbar gewesen. Und ich möchte ein rein weibliches schlagkräftiges Team aufbauen und ihnen den Übergang in Richtung Meisterin ermöglichen. Nach außen soll ein klares Signal gehen, wie gut die Frauen am Bau sind.
Sebastian Schmäh im Audio-Interview:
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