Herr Dr. Riepenhof, Sie haben regelmäßig mit Patienten zu tun, die aus dem Handwerk kommen. Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Leiden?
Die Arbeit auf dem Dach birgt einige gefährliche Situationen. Daher ist entsprechende Vorsicht geboten, was sich auch auf die Körperhaltung auswirkt. Abgesehen davon ist das Dachdeckerhandwerk körperlich anstrengend – viele Muskelgruppen und Gelenke werden stark belastet, und das den ganzen Tag. Dabei entstehen ganz typische Krankheitsbilder: Schmerzen im Rücken und in den Schultern sowie Knieprobleme. Die Schräglage der Dächer ist zudem belastend für Sprunggelenke und Hüfte. Die Folge ist oftmals Arthrose – also Gelenkverschleiß.
„Die Arbeit auf dem Dach birgt einige gefährliche Situationen. Viele Muskelgruppen und Gelenke werden stark belastet, und das den ganzen Tag.“
Wie behandeln Sie Ihre Patienten, wenn sie mit solchen Problemen zu Ihnen kommen?
Zunächst schauen wir nach den Ursachen. In vielen Fällen kann man mit verschiedenen Übungen die Probleme verringern oder ganz beseitigen. Abhängig von der Ursache empfehlen wir rehabilitierten Dachdeckern, bestimmte Übungen fortzusetzen, welche die Muskelgruppen stärken und Probleme vermeiden. Außerdem sind bewusste Bewegungsabläufe bei der Arbeit entscheidend. Zum Beispiel sollten schwere Lasten nah am Körper – also aus den Beinen und nicht aus dem Rücken – gehoben werden.
Nun sind manche Körperhaltungen bei der Arbeit auf dem Dach nicht zu vermeiden. Was kann man da konkret machen, um die Probleme nicht zu verschlimmern, bzw. diesen vorzubeugen?
Auch hier gibt es Tests, um den Status quo herauszufinden. Häufig lässt sich feststellen, dass eine Körperhälfte flexibler und kräftiger ist als die andere. Mit gezielten Sportübungen lassen sich Muskel und Gegenmuskel so trainieren, dass Kraft und Flexibilität gesteigert werden und beide Körperhälften ausbalanciert sind. Außerdem unterstützen bestimmte Muskelgruppen die Gelenke und beugen so dem Verschleiß vor.
Helge Riepenhof
Helge Riepenhof ist als Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin weltweit unterwegs. Er war Mannschaftsarzt beim Fußball- Spitzenklub AS Rom und berät die Profis von Red Bull Leipzig sowie der US-Basketballliga NBA. Mit Creaton bringt er die Kampagne „Fit für morgen“ ins Land.
Wie er mit den Bewegungs-Docs eine komplette Dachdeckerfirma fit machte, sehen sie in dieser NDR-Reportage.
Viele Dachdecker denken sich bestimmt „Die Arbeit auf dem Dach ist doch Sport genug.“ Was würden Sie denen raten?
Da gebe ich Ihnen Recht, es ist anstrengend und fordert viel Körpereinsatz. Daher am besten das machen, was jeder gute Sportler auch macht: Aufwärmübungen vor der Arbeit lockern die Muskulatur und bereiten sie auf die Anstrengung vor. Und nach der Arbeit helfen Dehnübungen, die Muskeln zu entspannen und Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich vorzubeugen.
Nicht jedem Dachdeckerbetrieb stehen die Möglichkeiten oder das Know-how dazu zur Verfügung – hier und da fehlt sicher auch die Bereitschaft, Zeit und Geld in ein Sportprogramm zu investieren.
Man muss es mal von der Seite betrachten: Viele – vor allem kleine – Dachdeckerbetriebe bekommen schnell Schwierigkeiten, wenn jemand aus dem Team ausfällt. Präventive Maßnahmen können eine echte Abhilfe schaffen und zudem das Wohlbefinden und das Miteinander im Team stärken. Und viele Krankenkassen bieten Aktivitätsprogramme und Fördermittel an – da lohnt es sich mal nachzufragen, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind.
„Präventive Maßnahmen können eine echte Abhilfe schaffen und zudem das Wohlbefinden und das Miteinander im Team stärken.“
Haben Sie noch einen ultimativen Tipp für alteingesessene und junge Dachdeckergesellen?
Auch wenn das für viele abschreckend klingt: Ich empfehle, regelmäßig Yoga zu machen. Das ist eine effiziente Sportart, die die Muskeln mit bewussten Bewegungen trainiert und die Gelenke geschmeidig hält. Und wenn man gemeinsam im Team trainiert, lässt sich auch der innere Schweinehund besser überwinden.
Fit für Morgen – die Tour
Die Gesundheit von Mitarbeitern fördert nicht nur die Leistungsbereitschaft und Zufriedenheit Einzelner. Auch das Klima im Team wird gestärkt, wenn alle gleichermaßen mit anpacken können. Nicht zuletzt ist Gesundheit auch ein wirtschaftlicher Faktor: Arbeitsausfälle lassen sich reduzieren und so finanzielle Einbußen verhindern. Besonders in Dachdeckerbetrieben ist Gesundheit ein Thema, das mehr Beachtung verdient. Deshalb macht sich Creaton auf die „Fit für Morgen“-Tour. Mit verschiedenen Aktionen rund um das Thema „Primärprävention“ werden die typischen Problemzonen der Dachdecker in den Fokus gerückt. Dazu stellt Dr. Helge Riepenhof verschiedene Übungen vor, die gezielt Beschwerden entgegenwirken.
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