„Photovoltaik wird weiter boomen”

„Unter Experten setzt sich die Erkenntnis durch, dass wir die Photovoltaik-Ausbauziele mindestens verdreifachen müssen“, sagt Carsten Körnig, Geschäftsführer der Bundesverbands der Solarwirtschaft.


Wie wird sich der Markt für PV-Anlagen in den nächsten Jahren entwickeln?

Um die für 2030 selbst gesetzten Klima­ziele errei­chen zu können, brau­chen wir in Deutsch­land einen deut­lich stär­keren jähr­li­chen Ausbau der Solar­energie. Unter Experten setzt sich die Erkenntnis durch, dass wir die Photo­vol­taik-Ausbau­ziele in den kommenden Jahren mindes­tens verdrei­fa­chen müssen, um eine Strom­erzeu­gungs­lücke infolge des geplanten Atom- und Kohle­aus­stiegs zu vermeiden. Entschei­dend für die tatsäch­liche Markt­ent­wick­lung wird aber sein, was die Politik daraus macht und ob es uns mit Unter­stüt­zung möglichst vieler Unter­nehmer gemeinsam gelingen wird, die Ausbau­kor­ri­dore im EEG entspre­chend anzu­heben und noch immer bestehende Bremsen wie z. B. die „Sonnen­steuer“ auf solaren Eigen­ver­brauch zu lösen. Unterm Strich bin ich zuver­sicht­lich, dass sich die derzei­tige posi­tive Nach­fra­ge­ent­wick­lung gerade im Eigen­heim­sektor in den 20er Jahren fort­setzen wird.

„Ich bin zuver­sicht­lich, dass sich die derzei­tige posi­tive Nach­fra­ge­ent­wick­lung fort­setzen wird.“

Spielen die Anlagen auf Ein- und Mehrfamilienhäusern eine relevante Rolle beim Ausbau der PV-Energiegewinnung?

Die Begeis­te­rung für Solar­energie ist gesell­schafts­über­grei­fend unge­bro­chen. Auf rund einer Million Ein- und Zwei­fa­mi­li­en­häu­sern wird in Deutsch­land inzwi­schen bereits Sonnen­strom geerntet, Tendenz weiter stei­gend. Leider ist es bislang noch nicht gelungen, diese Entwick­lung auch auf den mehr­ge­schos­sigen Miet­woh­nungsbau zu über­tragen. Dies liegt insbe­son­dere daran, dass auf lokal erzeugten solaren Mieter­strom die EEG-Umlage erhoben wird. Dabei handelt es sich um eine nicht nach­voll­zieh­bare Diskri­mi­nie­rung, die zudem gegen EU-Recht verstößt.

Zu welchem Anlagentyp geht momentan der Trend (Aufdach, Indach, Ziegelintegriert etc.)?

Die Mehr­zahl der Solar­strom­an­lagen wurde aufgrund von damit in der Regel verbun­denen Vorteilen beim Preis-Leis­tungs­ver­hältnis und gerin­geren baurecht­li­chen Anfor­de­rungen auf dem Dach aufge­stän­dert. Der Markt­an­teil gebäu­de­inte­grierter Photo­vol­taik-Anlagen, darunter auch solarer Dach­ziegel, könnte in den kommenden Jahren aber wachsen. Immer effi­zi­en­tere und preis­wer­tere Solar­zellen machen es möglich, dass Dach- und Fassa­den­ele­mente Energie produ­zieren, ohne das Erschei­nungs­bild von Gebäuden maßgeb­lich zu verän­dern. Im Gegen­teil können gestal­te­risch hoch­wer­tige Lösungen dem Gebäude ein modernes, zukunfts­ori­en­tiertes Image geben. Photo­vol­taik ist in der Lage, die Attrak­ti­vität von Gebäuden ebenso zu stei­gern wie die Unab­hän­gig­keit der Menschen, die darin wohnen und arbeiten.

„Photo­vol­taik ist in der Lage, die Attrak­ti­vität von Gebäuden ebenso zu stei­gern wie die Unab­hän­gig­keit der Menschen, die darin wohnen und arbeiten.“

Erwarten Sie technische Weiterentwicklungen, die eine drastische Erhöhung der Erträge mit sich bringen?

Schon heute ist die Ausbeute von Solar­mo­dulen beacht­lich: Bereits mit einer 40 Quadrat­meter großen Solar­strom­an­lage auf dem Haus­dach kann rech­ne­risch der Strom­be­darf einer vier­köp­figen Familie samt 15.000 Kilo­meter Fahr­leis­tung des eigenen Elek­tro­autos gedeckt werden. Und die Stei­ge­rung der Effi­zienz ist noch nicht am Ende. Aller­dings ist dabei nicht mit dras­ti­schen Entwick­lungs­sprüngen zu rechnen, sondern eher einer konti­nu­ier­li­chen Weiter­ent­wick­lung als Ergebnis eines harten inter­na­tio­nalen Wett­be­werbs in Indus­trie und Forschung.

„Die Stei­ge­rung der Effi­zienz ist noch nicht am Ende.“

Was glauben Sie, wo die PV-Energiegewinnung in zehn Jahren stehen wird?

2022 geht das letzte Kern­kraft­werk vom Netz und auch das Ende der Kohle­ver­stro­mung ist absehbar. Der BSW arbeitet gemeinsam mit seinen Mitglie­dern – darunter auch rund 300 Hand­werks­be­triebe – mit Hoch­druck daran, den Anteil der Solar­energie am deut­schen Strommix in den kommenden zehn Jahren zu verdoppeln.

Zur Person: Carsten Körnig

Carsten Körnig ist seit Anfang 2006 Geschäfts­führer des BSW – Bundes­ver­bandes Solar­wirt­schaft e. V., der Inter­es­sen­ver­tre­tung der Solar­technik- und Solar­spei­cher­branche in Deutsch­land, mit Sitz in Berlin. Zuvor hatte er neun Jahre die Geschäfts­füh­rung der Unter­neh­mens­ver­ei­ni­gung Solar­wirt­schaft (UVS) inne, die er 1997 in Berlin gegründet hatte und die 2006 mit dem Schwes­ter­ver­band BSi zum BSW fusionierte.

In dieser Rolle war er maßgeb­lich u. a. am Zustan­de­kommen des EEG, des EEWärmeG, der ersten Bundes­för­der­pro­gramms für Solar­strom­spei­cher, von PV-Sonder­auk­tionen sowie der steu­er­li­chen Förde­rung von Solar­hei­zungen betei­ligt. Seine beruf­liche Lauf­bahn star­tete Körnig in den 90er Jahren als Mitar­beiter der Umwelt­schutz­or­ga­ni­sa­tion Green­peace, als Jour­na­list und Unternehmensgründer.

Seit 2006 ist Carsten Körnig zugleich Vize­prä­si­dent im Bundes­ver­band Erneu­er­bare Ener­gien e. V. (BEE).