Wie wird sich der Markt für PV-Anlagen in den nächsten Jahren entwickeln?
Um die für 2030 selbst gesetzten Klimaziele erreichen zu können, brauchen wir in Deutschland einen deutlich stärkeren jährlichen Ausbau der Solarenergie. Unter Experten setzt sich die Erkenntnis durch, dass wir die Photovoltaik-Ausbauziele in den kommenden Jahren mindestens verdreifachen müssen, um eine Stromerzeugungslücke infolge des geplanten Atom- und Kohleausstiegs zu vermeiden. Entscheidend für die tatsächliche Marktentwicklung wird aber sein, was die Politik daraus macht und ob es uns mit Unterstützung möglichst vieler Unternehmer gemeinsam gelingen wird, die Ausbaukorridore im EEG entsprechend anzuheben und noch immer bestehende Bremsen wie z. B. die „Sonnensteuer“ auf solaren Eigenverbrauch zu lösen. Unterm Strich bin ich zuversichtlich, dass sich die derzeitige positive Nachfrageentwicklung gerade im Eigenheimsektor in den 20er Jahren fortsetzen wird.
„Ich bin zuversichtlich, dass sich die derzeitige positive Nachfrageentwicklung fortsetzen wird.“
Spielen die Anlagen auf Ein- und Mehrfamilienhäusern eine relevante Rolle beim Ausbau der PV-Energiegewinnung?
Die Begeisterung für Solarenergie ist gesellschaftsübergreifend ungebrochen. Auf rund einer Million Ein- und Zweifamilienhäusern wird in Deutschland inzwischen bereits Sonnenstrom geerntet, Tendenz weiter steigend. Leider ist es bislang noch nicht gelungen, diese Entwicklung auch auf den mehrgeschossigen Mietwohnungsbau zu übertragen. Dies liegt insbesondere daran, dass auf lokal erzeugten solaren Mieterstrom die EEG-Umlage erhoben wird. Dabei handelt es sich um eine nicht nachvollziehbare Diskriminierung, die zudem gegen EU-Recht verstößt.
Zu welchem Anlagentyp geht momentan der Trend (Aufdach, Indach, Ziegelintegriert etc.)?
Die Mehrzahl der Solarstromanlagen wurde aufgrund von damit in der Regel verbundenen Vorteilen beim Preis-Leistungsverhältnis und geringeren baurechtlichen Anforderungen auf dem Dach aufgeständert. Der Marktanteil gebäudeintegrierter Photovoltaik-Anlagen, darunter auch solarer Dachziegel, könnte in den kommenden Jahren aber wachsen. Immer effizientere und preiswertere Solarzellen machen es möglich, dass Dach- und Fassadenelemente Energie produzieren, ohne das Erscheinungsbild von Gebäuden maßgeblich zu verändern. Im Gegenteil können gestalterisch hochwertige Lösungen dem Gebäude ein modernes, zukunftsorientiertes Image geben. Photovoltaik ist in der Lage, die Attraktivität von Gebäuden ebenso zu steigern wie die Unabhängigkeit der Menschen, die darin wohnen und arbeiten.
„Photovoltaik ist in der Lage, die Attraktivität von Gebäuden ebenso zu steigern wie die Unabhängigkeit der Menschen, die darin wohnen und arbeiten.“
Erwarten Sie technische Weiterentwicklungen, die eine drastische Erhöhung der Erträge mit sich bringen?
Schon heute ist die Ausbeute von Solarmodulen beachtlich: Bereits mit einer 40 Quadratmeter großen Solarstromanlage auf dem Hausdach kann rechnerisch der Strombedarf einer vierköpfigen Familie samt 15.000 Kilometer Fahrleistung des eigenen Elektroautos gedeckt werden. Und die Steigerung der Effizienz ist noch nicht am Ende. Allerdings ist dabei nicht mit drastischen Entwicklungssprüngen zu rechnen, sondern eher einer kontinuierlichen Weiterentwicklung als Ergebnis eines harten internationalen Wettbewerbs in Industrie und Forschung.
„Die Steigerung der Effizienz ist noch nicht am Ende.“
Was glauben Sie, wo die PV-Energiegewinnung in zehn Jahren stehen wird?
2022 geht das letzte Kernkraftwerk vom Netz und auch das Ende der Kohleverstromung ist absehbar. Der BSW arbeitet gemeinsam mit seinen Mitgliedern – darunter auch rund 300 Handwerksbetriebe – mit Hochdruck daran, den Anteil der Solarenergie am deutschen Strommix in den kommenden zehn Jahren zu verdoppeln.
Zur Person: Carsten Körnig
Carsten Körnig ist seit Anfang 2006 Geschäftsführer des BSW – Bundesverbandes Solarwirtschaft e. V., der Interessenvertretung der Solartechnik- und Solarspeicherbranche in Deutschland, mit Sitz in Berlin. Zuvor hatte er neun Jahre die Geschäftsführung der Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft (UVS) inne, die er 1997 in Berlin gegründet hatte und die 2006 mit dem Schwesterverband BSi zum BSW fusionierte.
In dieser Rolle war er maßgeblich u. a. am Zustandekommen des EEG, des EEWärmeG, der ersten Bundesförderprogramms für Solarstromspeicher, von PV-Sonderauktionen sowie der steuerlichen Förderung von Solarheizungen beteiligt. Seine berufliche Laufbahn startete Körnig in den 90er Jahren als Mitarbeiter der Umweltschutzorganisation Greenpeace, als Journalist und Unternehmensgründer.
Seit 2006 ist Carsten Körnig zugleich Vizepräsident im Bundesverband Erneuerbare Energien e. V. (BEE).